Plakatbild Jagdzeit

„Jagdzeit“
von Gundi Ellert
Oktober 1996

Bilder

Stück

Deutschland ist Jagdland, und die Jetztzeit ist Jagdzeit. Einer jagt den anderen, jeder jagt für sich selbst, und im Kampf um sein Eigentum bewaffnet sich der Einzelne gegen den Anderen, Fremden, Bedrohung.

Ingrotesker Zuspitzung und einer pointierten Sprache zeigt Gundi Ellert in Ihrem Stück Jagdzeit das Klima zunehmender Bedrohung und Pervertierung. Handlungsort ist ein Bunker in einem „romantischen Wald“ in der Nähe einer kleinen Grenzstadt. Es ist ein historischer Ort, ein heiliger Ort, an den die Väter ewige Schwüre geleitet haben. Die Nachgebohrenen wollen ihn schützen, damit „die anderen“ nicht einfach in ihre Geschichte „hineinscheißen“. Mit Gewehren und Knüppeln bewaffnet, ziehen sie nachts durch den Wald. Sie sind auf der Jagd. Die Jagd ist eine Domäne der Männer. In Gundi Ellerts Stück sind Lenz, der Bürgermeister, Tolle, der Wirt, Reiser, der Eisenwarenhändler, Grühl, sein Angestellter, Faber, ein kleiner Finanzbeamter. Es sind reale Figuren und zugleich phantasmagorische Gestalten, besessen von der Angst, überfallen zu werden. In ihre Häuser ist eingebrochen worden. Nun wollen sie die Diebe wie Jagdwild erlegen und schießen sich unversehens selbst an. Sie errichten imaginäre elektrische Zäune, legen Minenfelder, stellen Fuchsfallen auf, um die Fremden zu fangen. „Jäger sein, heißt vor allem Heger sein“.

Die Fremden sind die eigenen Söhne und Töchter. Sie haben den gleichen Ort ausgesucht, um sich zu versammeln und ihr gestohlenes Hab und Gut zu verstecken.
Wie in Gundi Ellerts vorhergehendem Stück Josephs Tochter herrscht ein Generationenkrieg. In Jagdzeit ist es ein furchterregender, ideologsche Krieg, gegründet auf Raub, Diebstahl und Gewalt. Robert ist der ideolgische Anführer, Bergprediger und Christusfigur: „Folgt mir getrost / Ich führe euch / Wir sind nicht die Letzten von Gestern / Wir sind die Ersten von Heute.“

Robert, eine einsame, wider Willen faszinierende Figur, wird eine Partei gründen.
Die anderen sind eine Bande, die wie in Horvaths Sladek Fernegericht halten, ein stummes Mädchen, eine „von drüben“ quälen, an den Fahnenmast binden, schlagen, vergewaltigen. schnell aber packt sie die Angst. Als sie beim Stehlen erwscht werden, schließen sie „Frieden“ mit ihren Vätern, gleichen sich an und gliedern sich ein in die Gesellschaft mit ihrem „Dreck am Stecken“. Die Verbrechen werden zugedeckt – konkret und gleichnishaft. Man hört, wie der Bunker zugemauert wird.
Eingeschlossen werden Kathi, die Behinderte us dem Heim, Sophie, die Stumme, Vinzenz der Schwache, der alle verraten hat und sich die Pulsadern aufschneidet.
Sie sind keine Haimons, keine Antigones. Sie sind Ausgestoßene. Die Stadt hat ihre Grenzen geschlossen.

Gundi Ellerts Stück ist ein schmerzhaftes Stück, in dem nicht der Rechtsradikalismuns eines Einzelgängers das Erschreckenste ist, sondern die Befriedung in den geschlossenen Grenzen einer scheinbar offenen Gesellschaft. Es ist ein Stück über unsere Gegenwart, in die Geschichte hineinragt und aus der Zukumft hervorscheint.
Jagdzeit ist eine Version, die über die eigene Zeit hinausreicht.

Anke Roeder

Ensemble

LenzPeter Biet
ReiserMatthias Roßmanith
GrühlTobias Zinner
MaxAndreas Gärtner
TolleChristian Schnappinger
FaberMiroslav Vucicevic
RobertVolker Dietrich
HansMarkus Schwab
JensChristian Gerlach
VinzenzMatthias Lidl
PaulMichael Kopfmüller
KathiMartina Drexl
MarieChristine Spieß
AngieUte Hennig
SophiaTilla Hennig
 
RegieMathias Krupna
Angelika Beisel
SouffleuseManuela Cless
BühneNicole Koers
Markus Schwab
Wolfgang Pirkl
KostümeAnnette Tienert
Margarete Krupna
BeleuchtungGerhard Ramert
Florian Einfalt
TonMarc Chmelik
RequisiteNicole Koers
MaskeKatrin Weinkamm
Julia Weinkamm
Christiane Böggemann
Sabine Schneck
PlakatVolker Dietrich
Titelseite Programmhefteine Gemeinschaftsarbeit
ProgrammheftMathias Krupna
Norbert Ebner
Werbung und
Öffendlichkeitsarbeit
Volker Dietrich
Tilla Hennig